Homosexualität und die Bibel

Um es gleich vorweg zu sagen, ich werde mich niemals auf eine Diskussion mit bibeltreuen Christen einlassen. Dazu fehlen schon die grundlegensten Voraussetzungen im Sinne einer echten Diskussionskultur. Auf der einen Seite steht der Versuch, die tatsächlich vorhandenen Beweise in Form von gedruckten und damit überlieferten Schriften zu analysieren und auf ihren wahren Ursprung hin zu untersuchen, auf der anderen Seite steht der reine Glauben von Menschen, ein Glaube der von der Sache her keinerlei Beweisführung benötigt und dazu führt, dass selbst die obskursten Dinge nicht auf ihren Wahrheitsgehalt hinterfragt werden. Wissenschaft benötigt Beweise, der Glaube braucht dies jedoch nicht. Wenn ein Mensch daran glaubt, das der Himmel in Wirklichkeit grün ist, so wird es weitestgehend unmöglich sein ihm von etwas anderem zu überzeugen, vollkommen egal wie groß die Widersprüche auch sein mögen.

Diese Seite richtet sich deshalb auch eher an aufgeschlossene und neugierige Menschen, die einfach etwas mehr Information und Hintergründe über dieses Thema wissen möchten.

 

Homosexualität aus Sicht der Bibel


Die ersten Bibeltexte wurden in Häbräisch verfasst und später ins Aramäische übersetzt, dann ins Griechische und von da aus in die Lateinische Sprache. Ins Deutsche wurden die Texte erst im 16. Jahrhundert durch Martin Luther übersetzt. In keinen einzigen jemals verfassten Bibeltext kommt das Wort "Homosexualität" vor. Wie auch, schließlich wurde dieser Begriff erst 1868 vom Schriftsteller Karl Maria Kertbeny, aus den griechischen Wörter homo („gleich“) und lateinisch. sexus („Geschlecht“) geprägt. Vor dieser Zeit gab es allenfalls zumeist abwertende Begriffe für schwulen Sex unter Männer, das Vorhandensein verschiedener sexueller Orientierungen war gänzlich unbekannt.

Nicht eine einzige von den ohnhin sehr dürftigen Textstellen befasst sich mit Homosexualität in ihrer Gesamtheit als Variante der sexuellen Orientierung. Ausschließlich alle Textstellen beschäftigen sich mit einzelnen, rein sexuellen Spielarten, vermischt mit Gewalt, Vergewaltigung, Prostitution und einiges mehr. Offen gelebte homosexuelle Beziehungen im Sinne von zwei sich liebende Menschen waren im gesamten Altertum gänzlich unbekannt. Selbst im antiken Griechenland wäre es einen homosexuellen Mann niemals in den Sinn gekommen eine Beziehung unter Gleichaltrigen zu führen. Man heiratete ganz selbstverständlich und gründete eine Famlie. Der sexuelle Trieb wurde entweder mittels der vielen Bordelle befriedigt oder man kaufte sich ganz einfach einen eigenen Sklaven, der ganz nach Belieben zu jeglichen Sexualverkehr gezwungen werden konnte.

Seit der Zeit von Mose sind jedoch mehrere tausend Jahre vergangen. Menschen mögen sich nicht verändert haben, die Welt bzw. die Gesellschaft jedoch schon. So ist beispielsweise die Sklavenhaltergesellschaft und selbst der Feudalismus längst abgeschafft und mit ihnen viele menschenverachtende Ungerechtigkeiten. Viele Dinge die Mose noch als absolut normal und üblich betrachtet hätte, würden einen Bürger von heute die Haare zu Berge stehen lassen. Niemand käme von uns auf die Idee Sklavenhaltung als etwas Normales zu betrachten. Und auch wenn die Gleichberechtigungsbestrebungen der Frauen noch immer anhalten, Frauen waren noch niemals in der Geschichte einer völligen Gleichstellung so nah. Es ist nicht die Technik, welche den Fortschritt der Menschheit ausmacht. Vielmehr ist es die weiterentwickelte Gesellschaft mit ihrer Moralauffassung, die sich dramatisch von der Entstehungszeit der Bibel unterscheidet.

Beispiele gefällig?

Sklavenhaltung:
  • (1. Petr 2,18): "Ihr Sklaven, ordnet euch in aller Furcht den Herren unter, nicht allein den gütigen und freundlichen, sondern auch den zornigen oder launischen."
  • (2. Mose 20,8): "Der siebte Tag ist ein Ruhetag, dem Herrn, deinem Gott, geweiht. An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin."
  • (3. Mose 25,44): "Willst du aber Sklaven und Sklavinnen haben, so sollst du sie kaufen von den Völkern, die um euch her sind."
  • (Kol 3,22) "Ihr Sklaven, seid gehorsam in allen Dingen euren irdischen Herren!"
Prügel gegen Kinder
  •  (Spr 13,24): "Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn beizeiten."
  • (Spr 23,13): "Lass nicht ab, den Knaben zu züchtigen; denn wenn du ihn mit der Rute schlägst, so wird er sein Leben behalten."
  • (Hebr 12,6): "Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er, und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt."  
Frauen in der Bibel:
  • (5. Mose 5,14): "Aber am siebenten Tag ist der Sabbat des Herrn. Da sollst du keine Arbeit tun, auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Sklave, deine Magd, dein Rind, dein Esel, all dein Vieh."
    In dieser Aufzählung fehlt die Frau! Sie darf natürlich arbeiten, schliesslich wollen der Mann und seine Knechte auch am Sabbat bewirtet werden. Die unterdrückte Frau braucht keinen Ruhetag. Sie steht sogar noch niedriger als der Sklave in Gottes Aufzählung.
  • Als Mose nach einem Feldzug siegreich zurückkehrte, zählte er vor Gott seine Beute auf und erwähnte auch zwischen Rindern, Eseln und Schafen:
    (4. Mose 31,35) "32000 Mädchen, die nicht von Männern berührt waren". Gott lobte ihn dafür, Jungfrauen als Sklaven erbeutet zu haben und verlangte, dass ein Teil ihm geopfert wird.
  • (1. Tim 2,12): "Einer Frau gestatte ich nicht, dass sie lehre, (...) sondern sie sei still."
  • (1. Kor 14,35): "Wollen sie aber etwas lernen, so sollen sie daheim ihre Männer fragen. Es steht der Frau schlecht an, in der Gemeinde zu reden." 
  • (1. Kor 7,1): "Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren."
  Bibel und Vergewaltigung
  •  (4. Mose/Num. 31,15-18): "Warum habt ihr alle Frauen leben lassen? (...) So tötet nun alles, was männlich ist unter den Kindern, und alle Frauen, die nicht mehr Jungfrauen sind; aber alle Mädchen, die unberührt sind, die lasst für euch leben." 
  •  Wird eine Jungfrau von einem Mann innerhalb einer Stadt vergewaltigt, sollen beide sterben, auch die 
     unschuldige Frau (5. Mose 22,24), "weil sie nicht geschrien hat." 
 Mord in der Bibel
  • Gott rät zum Beispiel unmissverständlich, was mit jemandem zu tun ist, der einen anderen Gott anbetet (5. Mose 5-7): "So sollst du den Mann oder die Frau, die eine solche Übeltat begangen haben, hinausführen zu deinem Tor und sollst sie zu Tode steinigen (...) Die Hand der Zeugen soll die erste sein, ihn zu töten, und danach die Hand des ganzen Volks, daß du das Böse aus deiner Mitte wegtust."
  • (2. Mose 32,28): "Ein jeder gürte sein Schwert um die Lenden und gehe durch das Lager hin und her von einem Tor zum andern und erschlage seinen Bruder, Freund und Nächsten. Die Söhne Levi taten, wie ihnen Mose gesagt hatte; und es fielen an dem Tage vom Volk dreitausend Mann."
  • Gott ermordete unschuldige Kinder, nur weil sie Ägypter waren (2. Mose 12,12): "Denn ich will in derselben Nacht durch Ägyptenland gehen und alle Erstgeburt schlagen (töten) in Ägyptenland unter Mensch und Vieh."
Der Umgang mit Witwen
  • (5. Mose 25,5-6) "Wenn jemand stirbt und hinterlässt eine Frau, aber keine Kinder, so soll sein Bruder sie zur Frau nehmen und seinem Bruder Nachkommen erwecken."
  
Wenn man akzeptiert, dass viele Dinge die in der Bibel Erwähnung finden, vom moralischen wie auch weltlich-juristischen Standpunkt aus, in der Gegenwart keinerlei Bedeutung mehr haben, dann muß man auch akzeptieren, dass sich beim Thema Homosexualität in den letzten 2000 Jahren enorm viel geändert hat. Die Bibel wörtlich zu nehmen, hieße im Endeffekt die komplette Leugnung mehrerer Tausend Jahre Menschheitsgeschichte. Man kann nicht wenige Sätze aus der Bibel, mal eben mehrere tausend Jahre in die heutige Gegenwart verlegen und sich den Rest irgendwie zurechtdeuten. So etwas funktioniert einfach nicht. Vor allen ist es in höchsten Maße unredlich, einige wenige Sätze dramatisch hervorzugeben, die meisten anderen Textstellen aber geflissentlich unbeachtet zu lassen.

Man kann es drehen und wenden wie man möchte, außer einigen wenigen Textstellen mit ausschließlich sexuellen Bezug, gibt die Bibel definitiv keinerlei Aussage über Homosexualität im heutigen Verständnis.

Hier nun die einzelnen Textstellen im einzelnen:

(Übersetzung: Die Bibel oder die ganze Heilige Schrift des Alten und Neuen Testaments nach der deutschen Übersetzung D. Martin Luthers. Neu durchgesehen nach dem vom Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß genehmigten Text. - Stuttgart : Privileg. Württ. Bibelanstalt, 1947 )

(1. Mose) Gen 19,4

Lot, der in Sodom wohnt, bekommt Besuch von zwei Boten Gottes (Engeln), die er gastlich bei sich aufnimmt:   
Sie hatten sich noch nicht zur Ruhe begeben, als schon die Männer der Stadt, jung und alt, das ganze Volk bis auf den letzten Mann, das Haus umringten. Sie riefen Lot und sagten zu ihm: „Wo sind die Männer, die heute Abend zu dir gekommen sind? Bringt sie zu uns heraus, damit wir sie erkennen (d.h. sexuellen Verkehr mit ihnen haben)!” Da ging Lot zu ihnen hinaus vor den Eingang, während er die Tür hinter sich schloss und sprach: „Meine Brüder, begeht doch nicht einen solchen Frevel! Da habe ich noch zwei Töchter, die noch keinen Mann erkannt haben. Diese will ich zu euch herausbringen, und tut mit ihnen was euch beliebt. Diesen Männern aber dürft ihr nichts tun; denn sie haben sich unter den Schatten meines Daches begeben.”
Die Erzählung berichtet von einer Ortschaft in der sämtliche, männlichen Einwohner von einem Gastgeber die Herausgabe von Gästen fordern, um sie zu vergewaltigen. Der Gastgeber wiederum versucht seine Gäste zu schützen indem er ihnen gewissermaßen als Tausch seine Töchter anbietet.

Hierbei geht es einzig und allein um die Verletzung des Gastrechts und Vergewaltigung. Homosexualität im heutigen, allumfassenden Verständnis ist jedenfalls nicht das Thema dieser Erzählung. Außerdem erscheint auch sehr fraglich ob Lot diese Männer tatsächlich für Homosexuelle gehalten hat. Denn wie sollte es sich erklären, dass Lot versucht diese Leute von der Ausübung sexueller Gewalt ausgerechnet dadurch abzubringen, indem er  ihnen Frauen als Ersatz anbietet. Außerdem, wie sollte es sich erklären, dass sämtliche Einwohner einer gesamten Stadt, egal ob jung oder alt, verheiratet oder ledig, ganz plötzlich homosexuell wurden. Wo ist hier die Logig. Selbst heutige schwule Weltmetropolen wie bsw. San Francisco schaffen kaum einen Anteil von mehr als 15 Prozent.

Aber nehmen wir an, es wäre tatsächlich primär von Homosexualität die Rede, so würde das meines Erachtens nicht weniger Fragen aufwerfen. Denn das würde dann ja bedeuten, dass der homosexuelle Aspekt der Geschichte im Vordergrund steht während die freiwillige Herausgabe der Töchter zwecks gemeinschaftlicher Vergewaltigung nicht die geringste Rolle spielt. Nun mag es ja durchaus löblich sein und für Lot sprechen das er die beiden Männer beschützen möchte. Allerdings glaube ich, dass es gewiss nicht mit unseren heutigen Moral- und Rechtsverständnis in Einklang zu bringen ist, das er dafür freiwillig und ohne ersichtlichen Grund seine beiden Töchter opfert. Körperliche Gewalt lässt sich nunmal nicht mit anderer körperlichen Gewalt besiegen.

Ich denke, an dieser Geschichte lässt sich sehr gut die gesellschaftliche Rolle von Mann und Frau in der damaligen Gesellschaft ablesen. Der gesellschaftliche Ruf des Mannes als Familienoberhaupt war alles was zählte. Homosexueller Sexualverkehr war in vielen Fällen auch gar nicht das Problem, sondern lediglich der passive Part beim Analverkehr. Die aktive Rolle stellt bei vielen Völkern bis auf den heutigen Tag kein Problem dar. Aber im passiven Part würde sich der Mann angeblich in die Rolle der Frau begeben. Das ist immerhin auch der Grund weshalb schwuler Sex in Griechenland nur dann geduldet wurde, wenn es sich um Sex zwischen Erwachsenen und einen noch nicht volljährigen, männlichen Jugendlichen gehandelt hat. Der Jugendliche behielt seine Ehre nur deshalb, weil er offiziell eben noch nicht als erwachsener Mann galt. Die Stellung der Frauen wiederum war derart niedrig, dass es für einen Mann natürlich als Schande galt, mit ihnen auf eine Stufe gestellt zu werden. Das ist auch der Grund weshalb Lot ohne zu zögern seine beiden Töchter zur gemeinschaftlichen Vergewaltigung anbieten konnte, ohne zugleich seinen eigenen Ruf zu verlieren. Für ihn und seine Familie spielte es so gut wie keine Rolle. Hätte Lot stattdessen zwei Söhne gehabt, sähe die Geschichte wohl ganz anders aus.



 

(3. Mose) Lev 18, 22 

"Du sollst nicht bei Knaben liegen, wie beim Weibe; denn es ist ein Greuel." 


(3. Mose) Lev 20, 13

"Wenn jemand beim Knaben schläft wie beim Weibe, die haben einen Greuel getan, und sollen beide des Todes sterben, ihr Blut sei auf ihnen."

Bei diesen beiden Textstellen haben wir eines der vielen biblischen Übersetzungsprobleme. Denn während Luther von "Knaben" schreibt, ist in der katholischen Übersetzung von "Mann" die Rede. Interessanterweise werden keine Frauen jeglichen Alters erwähnt. Wenn überhaupt, dann scheint sich das Problem mit der Homosexualität in der Bibel wohl hauptsächlich auf Männer zu beschränken. 

Für Christen hat diese Stelle überhaupt keine Relevanz mehr, da sie dem Kontext der Gesetzlichkeit des Alten Bundes angehört. Bei den gesetzlichen Bestimmungen des Alten Testament handelt es sich nicht um christliche, sondern um rein jüdische Texte, denen nichts Christliches zu entnehmen ist. Unter Theologen herrscht weitgehende Übereinstimmung in der Sichtweise, daß der Alte Bund, durch den Tod Jesu Christi und die Gründung der neutestamentlichen Kirche außer Kraft gesetzt wurde. Alle Christen leben heute nach dem Geist des Neuen Bundes.

Wie wenig diese alttestamentarischen Texte mit der heutigen Wirklichkeit außerdem gemein hat, wird klar, wenn man bedenkt, das auch Sklavenhaltung oder deren Misshandlung  (Ex 21,21), die Tötung von Hexen (Ex 22,17) und Menschen die am siebten Tage arbeiten (Ex 35,2) verurteilt werden.  Weiterhin ist der Verzehr von Schalentieren (Lev 11,10) und Hasen verboten (Zitat Bibel: "ihr sollt für unrein halten den Hasen, weil er zwar wiederkäut, aber keine gespaltenen Klauen hat" - Ohne Kommentar!) sowie das Tragen von Kleidung aus Mischgewebe (Lev 19,19).

All diese Dinge sind dem Herrn ein Greul, wie es wörtlich heißt. Weshalb sich jedoch manche Menschen ausschließlich bei einigen Textpassagen die wenigen Zeilen betreffs schwulen Sex herauspicken, alle anderen Gebote jedoch völlig außer Acht lassen will sich mir nicht so recht erschließen. Aber selbst wenn man dieses Gebot für heutige Menschen als relevant erachtet gibt es noch Fragen. Denn mit dieser Textstelle ist ausschließlich sexueller Kontakt gemeint.Von Homosexualität im Sinne einer allumfassenden sexuellen Orientierung eines Menschen steht kein Wort geschrieben. Selbst der Papst in Rom mußte zugeben, dass sich die Bibel ausschließlich auf einzelne homosexuelle Sexualpraktiken beziehen und man einen Menschen nur allein wegen seiner homosexuellen Orientierung keinesfalls verachten oder benachteiligen dürfe.

Welchen Sinn sollte es jeoch machen, die primäre Homosexualität völlig unbeachtet zu lassen, die sekundäre Seite des Sexuallebens aber auf das Schlimmste zu verurteilen? Man kann sich wohl bereits denken was nun kommt. Den Umstand das Homosexualität als solche in der gesamten Bibel keine Erwähnung findet, nehmen einige bibeltreuen Christen zum Anlass die Existenz einer Natur- bzw. von Gott gegebenen Homosexualität komplett zu leugnen und zu behaupten, es würde sich ausschließlich um eine anerzogene oder selbst gewählte Veranlagung handeln, die man dementsprechend mit viel eigenen Willen jederzeit wieder ändern kann. Meines Erachtens ist dieses Argument jedoch so weit hergeholt, dass es jeglichen Grundsätzen einer logischen Diskussion widerspricht, weshalb ich mich damit auch nicht weiter befassen möchte.

Ri 19, 22

"Und da ihr Herz nun guter Dinge war, siehe, da kamen die Leute der Stadt, böse Buben, und umgaben das Haus und pochten an die Tür und sprachen zu dem alten Manne, dem Hauswirt: Bringe den Mann heraus, der in dein Haus kommen ist, daß wir ihn erkennen!"Aber der Mann, der Hauswirt, ging zu ihnen heraus und sprach zu ihnen: Nicht, meine Brüder, tut nicht so übel; nachdem dieser Mann in mein Haus gekommen ist, tut nicht eine solche Torheit! Siehe, ich habe eine Tochter, noch eine Jungfrau, und dieser ein Kebsweib; die will ich herausbringen. Die mögt ihr zu Schanden machen, und tut mit ihr, was euch gefällt; aber an diesen Mann tut nicht solche Torheit. Aber die Leute wollten ihm nicht gehorchen. Da faßte der Mann sein Kebsweib und brachte sie zu ihnen hinaus. Die erkannten sie und trieben ihren Mutwillen an ihr die ganze Nacht bis an den Morgen; und da die Morgenröte anbrach, ließen sie sie gehen.
Da kam das Weib hart vor morgens und fiel nieder vor der Tür am Hause des Mannes, darin ihr Herr war, und lag da, bis es licht ward. Da nun ihr Herr des Morgens aufstand und die Tür auftat am Hause und herausging, daß er seines Weges zöge, siehe, da lag sein Kebsweib vor der Tür des Hauses und ihre Hände auf der Schwelle. Er aber sprach zu ihr: Stehe auf, laß uns ziehen! Aber sie antwortete nicht. Da nahm er sie auf den Esel, machte sich auf und zog an seinen Ort. Als er nun heimkam, nahm er ein Messer und faßte sein Kebsweib und zerstückte sie mit Gebein und mit allem in zwölf Stücke und sandte sie in alle Grenzen Israels.

Siehe das Gleiche wie bei (1. Mose) Gen 19,4.

Röm 1, 26-27 

"Darum hat sie Gott auch dahingegeben in schändliche Lüste: denn ihre Weiber haben verwandelt den natürlichen Brauch in den unnatürlichen; desgleichen auch die Männer haben verlassen den natürlichen Brauch des Weibes und sind aneinander erhitzet in ihrem Lüsten und haben Mann mit Mann Schande getrieben und den Lohn ihres Irrtums (wie es denn sein sollte) an sich selbst empfangen." 

Paulus bezieht sich auf den Zorn des Herrn über das Handeln der Griechen und Römer. Zur Strafe für diesen Unglauben hat Gott, so argumentiert Paulus, diese Heiden der fleischlichen Begierde anheim fallen lassen - im griechischen Urtext findet sich der Begriff "aschämosünäs". Im Ersten Brief ist von "arsänokoitais", also von solchen Personen männlichen Geschlechts die Rede, die "mit Männern oder Knaben Unzucht getrieben haben". Die beiden genannten Bibelstellen stehen ausschließlich im Zusammenhang mit kulturell und historisch bedingten Ausprägungen des Geschlechtlebens der antiken griechischen und römichen Welt. Im Zentrum dessen, was Paulus so verurteilt, stand der sexuelle Verkehr mit (in vielen Fällen minderjährigen) Sklaven, die gegen ihren Willen zum Sex gezwungen wurden. Sexueller Verkehr zwischen heidnischen Römern und Sklavenjungen im ersten Jahrhundert hat jedoch nicht das Geringste mit dem heutigen allgemeinen Verständnis von Homosexualiät zu tun. So gibt es bsw. auch in der heutigen Welt noch immer Zwangsprostitution und dennoch käme niemand auf die Idee daraus Schlußfolgerungen für die gesamte menschliche Heterosexualität ziehen zu wollen.

Ebensowenig erschließt sich einen heutigen aufgeklärten Menschen mit wissenschaftlicher Weltanschauung die gesamte Argumentation nicht. Einerseits wird homosexueller Sexualverkehr moralisch aufs Schlimmste verurteilt während er gleichzeitig als Strafe eingesetzt wird. Eine scheinbare Strafe kann es aber doch nur für einen heterosexuellen Menschen sein. Alle Homosexuellen Menschen die ich kenne, sind mit ihren Leben und der Art ihrer Sexualität mehr als zufrieden. Sexueller Lustgewinn als Bestrafung eines angeblichen Irrtums? Ähm, nun ja, vielleicht sollte man tatsächlich über solche Dinge nicht allzuviel nachdenken. In einer aufgeklärten, toleranten Welt in der Schwule und Lesben einen völlig gleichberechtigten Status haben, läuft jedenfalls die religionsbedingte Ablehnung der Homosexualität völlig ins Leere.



1. Kor 6, 9-10

"Wisset ihr nicht, daß die Ungerechten werden das Reich Gottes nicht ererben? Lasset euch nicht verführen! Weder die Hurer noch die Abgöttlichen noch die Ehebrecher noch die Weichlinge noch die Knabenschänder noch die Diebe noch die Geizigen noch die Trunkenbolde noch die Lästerer noch die Räuber werden das Reich Gottes ererben."

1. Tim 1, 9-10

"und weiß solches, daß dem Gerechten kein Gesetz gegeben ist, sondern den Ungerechten und Ungehorsamen, den Gottlosen und Sündern, den Unheiligen und Ungeistlichen, den Vatermördern und Muttermördern, den Totschlägern, den Hurern, den Knabenschändern, den Menschendieben, den Lügnern, den Meineidigen, und so etwas mehr der heilsamen Lehre zuwider ist,"

Im ersten Fall geht es um "Rechtshändel unter Christen" (Der erste Brief an die Korinther, Kapitel 6) im zweiten Text um die "Die Bedeutung des Gesetzes" (Der erste Brief an Timotheus, Kapitel 1). In beiden Fällen erschließt sich mir in keiner Weise wo und in welcher Art explizit von Homosexualität im heutigen Sinne die Rede sein soll. Wenn man ausschließlich Begriffe wie "Knabenschänder" oder auch "Weichlinge" mit Schwulsein in Verbindung bringt, wäre das wohl das Gleiche als ob man mit "Ehebrecher" und "Hurer" ausnahmslos alle heterosexuellen Männer meinen würde. Dabei will ich den Tatbestand der Beleidigung absichtlich mal ganz außer Acht lassen.

Darüber hinaus verwenden beide Textstellen im Original den gleichen Begriff "arsänokoitais" und beziehen sich damit auf das gleiche Phänomen in der damaligen antiken Welt: Der sexuelle Umgang heidnischer Römer mit unfreien Sklavenjungen und gehört jedoch unumstößlich der Vergangenheit an. Selbst durch noch so künstliche evangelikale Kunststückchen sind sie nicht mehr auf heutige Schwule anwendbar. Paulus erkennt nicht einmal homosexuelle Beziehungen als solche und reduziert sie allenfalls auf einige damals bekannte Sexualpraktiken. Es darf stark angezweifelt werden das Paulus überhaupt von einer sexuellen Orientierung im heutigen Verständnis geschrieben hat, denn er beschreibt offenkundig und ausnahmslos sexuelle Gewaltdelikte als ein Ergebnis einer freien Wahl. Von einer generellen und unumstößlichen sexuellen Ausrichtung ist auch bei Paulus nicht einmal etwas im Ansatz zu finden. Deshalb können seine Äußerungen in der heutigen Zeit wirklich nicht mehr den Rang einer absoluten und ewigen Wahrheit beanspruchen.

Jeder Mensch der sich ernsthaft mit der Bibel beschäftigt, geht relativierend mit ihr um. Er stellt bestimmte Aussagen in Frage oder mildert ab. Warum sollten die Aussagen über homosexuelle Sexualpraktiken von einer solchen Betrachtung ausgenommen sein? Eines jedenfalls scheint mir klar: Jeglicher Ansatz, Homosexualität wie wir sie in ihrer heutigen Form verstehen, als widernatürliche Perversion abzustempeln und dies mit biblischen Textstellen belegen zu wollen, ist vollkommen an den Haaren herbeigezogen und entbehrt jeglicher Grundlage. Sexualität kann nicht völlig losgelöst von der restlichen Persönlichkeit eines Menschen angesehen werden. Sie ist stets nur ein Teil davon. Weshalb Sexualität zwischen Menschen im Zuge von Ehrlichkeit und gegenseitiger Achtung moralisch verwerflich sein sollen, darauf wird in der gesamten Bibel nicht mit einer Silbe eingegangen.


Links zum Thema:


Homosexualität und Bibel
Lesbische und Schwule Basiskirche Basel
Vortrag: von Bruder Nikolaj Bromberg, 2003-01-19

 Umgang mit Bibeltexten - Bibel und Homosexualität
Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e. V.

Was sagt die Bibel über Homosexualität?


Bibelstellen







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